Uli Hoeneß torpediert nicht nur den sportlichen Erfolg: Kommentar zum FC Bayern München

Den "krachmachenden Nachbar um drei Uhr nachts" konnte Thomas Tuchel bei seiner Pressekonferenz am Freitagmittag noch lächelnd abmoderieren. So nannte er eine Frage nach Ralf Rangnick, der bei der zunehmend verzweifelten Trainersuche des FC Bayern aktuell als Favorit auf seine eigene Nachfolge gilt. "Da nehme ich mir die Freiheit, meine Kopfhörer auf noise cancelling zu stellen und das zu ignorieren", sagte der Noch-Trainer. Die volle Konzentration gelte dem anstehenden Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid sowie der Generalprobe gegen Eintracht Frankfurt. Nur keine Störgeräusche.

Wenige Stunden später gab es aber nicht mehr nur Krach vom metaphorischen Nachbarn. Wenige Stunden später schoss Uli Hoeneß eine verbale Rakete in Tuchels Schlafzimmer - da halfen nicht mal Kopfhörer mit noise cancelling. Zusammengefasst unterstellte ihm Hoeneß beim FAZ-Kongress in Frankfurt, kein Interesse an der Entwicklung junger Spieler zu haben und stattdessen nur teure Transfers zu fordern.

Obwohl sich Tuchel in dieser heiklen Saisonphase so sehr nach Ruhe sehnt, blieb ihm nichts anderes übrig, als diese Aussagen verbal zu kontern. Verständlicherweise sah er sich in seiner "Trainer-Ehre verletzt", wie er bei seiner Verteidigungsrede am Samstag vor dem völlig in den Hintergrund geratenen Bundesligaspiel gegen Frankfurt bei Sky betonte. Von Julian Weigl über Ousmane Dembélé bis Christopher Nkunku und Moussa Diaby: Tuchel förderte bei all seinen Stationen zahlreiche spätere Topspieler.

Er war es auch, der in seiner kurzen Zeit in München ausgerechnet den von Hoeneß als Beispiel angeführten Aleksandar Pavlovic an die Bundesliga und sogar Nationalmannschaft heranführte. Wobei sich zumindest darüber diskutieren ließe, wie sich Pavlovic entwickelt hätte, wenn Tuchel vergangenen Sommer die von ihm gewünschte - und mit Blick auf die Kaderplanung auch weiterhin benötigte - hochkarätige Holding Six bekommen hätte. Der problematischste Aspekt an Hoeneß' Auftritt war aber ohnehin der Zeitpunkt.