HINTERGRUND
"Es freut mich für Joshua, dass er sein erstes Tor erzielt hat", sagte Serge Gnabry gut aufgelegt in der Mixed Zone, nachdem der FC Bayern beim Testspiel im Rahmen des International Champions Cup im Klagenfurter Wörthersee-Stadion Frankreichs Meister Paris Saint-Germain mit 3:1 bezwungen hatte.
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Gut aufgelegt hatte Gnabry seinem jungen Teamkollegen Joshua Zirkzee ebenjenes Tor, zu dem er gratulierte. Nach einem langen Ball hinter die PSG-Verteidigungslinie nahm der ehemalige Hoffenheimer, der ebenso wie Zirkzee erstmals im Trikot des deutschen Rekordmeisters auflief, Tempo über die rechte Seite auf und servierte mustergültig in den Rückraum, wo der 17-Jährige im Stile eines Top-Torjägers die Nerven behielt, die Kugel sanft über die Innenseite gleiten ließ und sie im Kasten des Gegners unterbrachte.
Zirkzee wusste sofort, bei wem er sich zu bedanken hatte, stürmte auf Gnabry zu und umarmte ihn herzlich, ehe er sich bekreuzigte und Hände und Haupt für wenige Sekunden gen Himmel reckte. "Gott ist groß", teilte er seinen über 20.000 Followern in seiner Instagram-Story mit und deutete symbolträchtig und sichtlich stolz auf das Wappen seines Klubs, für den er seit rund einem Jahr spielt.
Ende August vergangenen Jahres war der Niederländer von Feyenoord an die Isar gewechselt und zunächst in der U17 der Münchner zum Einsatz gekommen. Damals hatte sich der Bundesligist gegen eine Vielzahl namhafter Nebenbuhler durchgesetzt, die Zirkzee ebenfalls gerne verpflichtet hätten. Für den FC Everton lief er sogar beim Generali CEE Cup bereits auf, entschloss sich dann aber doch gegen einen Wechsel auf die Insel.
Gastspiel beim FC Everton löst Kritik aus
Der Ausflug zu den Toffees brachte ihm damals Kritik aus den (noch) eigenen Reihen ein. Feyenoord-Jugendleiter Richard Grootscholten kritisierte im Algemeen Dagblad: "Zirkzee war noch bei uns angemeldet und spielte offiziell noch im niederländischen Verband. Alleine aus versicherungstechnischen Gesichtspunkten ist es sehr schwierig, irgendwo anders zu spielen oder zu trainieren."
Dass etliche europäische Schwergewichte Interesse angemeldet hatten, verwundert ob der herausragenden Statistik nicht, sorgte der Lockenkopf in der holländischen Hafenstadt für Furore, traf in 27 Spielen beeindruckende 33-mal. "Wir freuen uns, mit Joshua ein sehr gutes Talent verpflichtet zu haben", schwärmte Hermann Gerland, sportlicher Leiter des FC Bayern Campus, und ergänzte: "Er bringt sowohl physisch als auch spielerisch viel Qualität mit und verfügt über einen starken Abschluss."
Die von "Tiger" Gerland ausgemachten Fähigkeiten stellte Zirkzee bei seinem Debüt für die Profis eindrucksvoll unter Beweis. In seiner Heimat gilt er längst als großer Hoffnungsträger, für die Elftal-U16 steuerte er in sechs Partien drei Tore bei, in der U17 der Oranje steht derzeit ein Treffer bei zwei Einsätzen zu Buche. Des einen Freud, nämlich dass der Bayern darüber eines der umworbensten Juwele Europas von einem Wechsel überzeugt zu haben, ist des anderen Leid. Grootscholten klagte nach dem Abgang des Mittelstürmers: "Wir haben alles versucht, um ihn zu halten. "
Mit dem Transfer an die Isar ging für Zirkzee jedenfalls "ein Kindheitstraum" in Erfüllung, wie er selbst im Gespräch mit Freestyle-Star Soufiane Touzani verriet. Er sagte außerdem: "Aber das ist erst der Anfang. Ich hoffe, dass noch sehr viele Spiele für Bayern folgen." Für die B-Jugend des FCB machte sich der Youngster gleich in seiner ersten Saison übrigens nahezu unverzichtbar. Das Team von Trainer Holger Seitz kämpfte sich auch dank der Treffsicherheit Zirkzees bis ins Finale der deutschen Meisterschaft vor, das letztlich mit 2:3 gegen Borussia Dortmund verlorenging. Insgesamt erzielte der Teenager den Ball in 19 Liga-Spielen 16 Tore für den Bayern-Nachwuchs.
Joshua Zirkzee und Serge Gnabry (r.) während der US-Tour des FC BayernEine Quote, die von Neu-Coach Niko Kovac mit einer Berufung in den Vorbereitungskader honoriert wurde. Der ehemalige Frankfurter zeigte sich bereits im Vorfeld der USA-Reise, bei der die Bayern auf Juventus Turin und Manchester City treffen, hochzufrieden mit dem Trainingseifer der zahlreichen Jugendspieler.
"Das sind talentierte junge Spieler, die ihre Chancen suchen. Es ist wichtig, mit den Jungs zu sprechen. Die Entwicklung ist sehr rasant, es kann sein, dass sie in einem halben Jahr einen großen Sprung machen. Wir wollen sie besser machen", sagte Kovac beim Pressetalk am vergangenen Donnerstag an der Säbener Straße und schob nach: "Ich versuche einiges zu erklären, damit sie verstehen, was ich verlange. Sie müssen verstehen, warum sie etwas tun."
Insbesondere bei Zirkzee scheinen die wertvollen Tipps des Ex-Profis Früchte zu tragen. In den knapp 30 Minuten, die der großgewachsene Offensivspezialist gegen Paris mitmischen durfte, offenbarte sich sein Talent durchaus. Umtriebig, schnell auf den Beinen und mit dem nötigen Torriecher ausgestattet, wirbelte Zirkzee den gegnerischen Defensivverbund ein ums andere Mal mit seinen Kollegen durcheinander.
Dass in der 78. Minute gleich im ersten Spiel der erste erfolgreiche Abschluss folgte, hatte sich der Angreifer klassisch erarbeitet. In der kommenden Spielzeit wird der Rohdiamant für die U19 auflaufen, vornehmlich auf dem Bayern Campus zu finden sein. Sollte er sich in der Vorbereitung aber weiterhin empfehlen, ist Kovac sicherlich nicht abgeneigt, dem Jungen auch vor großer Kulisse die ein oder andere Chance einzuräumen. Vielleicht sehen die Fans schon bald einen jubelnden, die Hände zum Himmel streckenden Joshua Zirkzee in der Allianz Arena.