Barca-Torhüter Marc-Andre ter Stegen (28) spricht im "kicker meets DAZN"-Podcast über die Vorbereitung auf den Restart der Saison in Spanien, die am 11. Juni fortgesetzt wird. Derzeit verfolgt er allerdings intensiv die Bundesliga, die weltweit im Fokus steht.
Außerdem gibt Ter Stegen seine Einschätzung zur Zukunft von Mario Götze ab, spricht über die Stärken und Schwächen der europäischen Topligen und erklärt, warum er bei seinem Wechsel zum FC Barcelona keine Angst vor den großen Namen hatte.
Marc-Andre ter Stegen über ...
... die aktuelle Lage in Spanien: "Wir sind in der ersten von vier Phasen, jede dauert normalerweise um die zwei Wochen. Da gibt es aber, wie in Deutschland in den Bundesländern, Unterschiede. Das ist manchmal etwas verwirrend. Nach wie vor gibt es Fälle, die Zahlen gehen aber runter. Viele machen da einen grandiosen Job. Es gibt noch viele Restriktionen, aber man darf schon wieder zu bestimmten Uhrzeiten raus."
... die Auswirkungen der Ausgangssperre: "Überall ist die Angst noch groß, weil es so viele Fälle gab in Spanien. Das Volk ist sensibilisiert. Es ist wichtig, auf seine Mitmenschen und die Hygienevorschriften zu achten. Man merkt aber, dass man dem Volk teilweise einen Finger gibt und es dann die ganze Hand will. Es wird also nicht immer auf jede Kleinigkeit geachtet. Es ist ein grundsätzlicher Instinkt des Menschen, dass ich die Freiheiten ausleben will. Da werden die Grenzen ausgetestet. Wir versuchen möglichst wenige Einkäufe zu machen und viel zu bestellen, um dem aus dem Weg zu gehen."
... Bedenken aufgrund des Ligastarts: "Ich kann das schon verstehen, man muss aber das große Ganze sehen. Es geht nicht nur um den Fußball, sondern um viele Arbeitsplätze und Menschen, die durch den Fußball eine Existenz haben und diese bewahren können. Die meisten sehen nur, was auf dem Platz passiert. Wenn es nur um den Fußball geht, gibt es keine zwei Meinungen. Aber wenn in Barcelona ein Spiel ist, sind die Bars, Hotels und Restaurants mehr ausgebucht, der Einzelhandel profitiert, das sind so viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen. Fußball ist ein Riesen-Geschäft geworden, an dem viele Menschen hängen. Es geht da um das Big Picture."
... die ersten Spiele in der Bundesliga: "Jeder hat darauf hingefiebert, dass irgendwo der Ball wieder rollt. Für die Bundesliga war das wahnsinnig gut, dass der Fokus so stark darauf gerichtet war. Jeder Spieler konnte sich weltweit zeigen."
Marc-Andre ter Stegen: "Physisch selten auf so einem guten Niveau"
... seine Erfahrung mit Geisterspielen: "Wir haben das bereits gegen Las Palmas im Camp Nou einmal erlebt. Das ist etwas komplett Anderes, wir freuen uns über die Unterstützung von jedem Einzelnen, das macht den Fußball so toll. Ein Geisterspiel ist nicht das Attraktivste, aber jeder hat Spaß."
... die Vergrößerung der Trainingsgruppen: "Eine Woche vor dem Trainingsstart wurden Tests gemacht und Blut abgenommen. Ab dem Zeitpunkt der Resultate konnten wir wieder in Vierergruppen trainieren, jeder hatte sein Viertel auf dem Platz. Es wurde extrem auf den Abstand geachtet. Das blieb sieben bis zehn Tage so. Dann durften wir ein paar Sachen im Kreis zusammen machen und sind nun bei Zehnergruppen angelangt. Bei den Torhütern ist es komisch und lustig, weil man sich nicht gegenseitig die Bälle zuwerfen, sondern nur mit den Füßen arbeiten durfte."
Getty Images.. die Form von Messi: "Ich bin mir sicher, dass er es nicht verlernt hat. Der ein oder andere Gegenspieler wird sich nicht so sehr freuen."
... die Erwartungen an den Restart: "Es ist sehr interessant, die Statistiken in der Bundesliga zu sehen, was die Fans ausmachen. Das erkennen manche vielleicht erst jetzt. Teilweise bekommt man den Eindruck eines Trainingsspiels, aber das muss ganz schnell verdrängt werden, weil trotzdem noch so viel Druck dahinter steckt."
... das Titelrennen in Spanien: "Die Pause war nicht die schönste Situation, aber eine neue Vorbereitung zu haben, kann uns eigentlich nur helfen. Wir werden viel fokussierter sein und waren physisch selten auf so einem guten Niveau. Am Ende kommt es weniger darauf an, wo du spielst und was drumherum passiert, sondern auf die fußballerische Qualität."
Ter Stegen über Jordan-Doku: "Die ganz Großen waren ein bisschen egoistisch"
... die bisherige Saison: "Wir hatten eine Saison mit Höhen und Tiefen, in der wir teilweise hätten dominanter sein müssen. Kurz nach der Winterpause gab es einen Trainerwechsel, der anfangs schwer umzusetzen war, weil es zwei verschiedene Arten des Fußballs sind. Die Niederlage gegen Real war ein Schlag, aber jeder in der Liga spielt auf einem hohen Niveau. Jeder kann gegen jeden für eine Überraschung sorgen."
... den Trainerwechsel von Valverde zu Setien: "Es geht um Kleinigkeiten, wir haben eine andere Ausrichtung und wollen den Ballbesitz länger halten, um Räume zu schaffen. Vorher haben wir das direkter versucht. Vorher wurden wir auch in vier von fünf Fällen Meister, so viel haben wir also nicht falsch gemacht. Die Situation wurde von der Klubführung so eingeschätzt und ist so zu akzeptieren."
... seine fußballerischen Qualitäten: "Ich weiß gar nicht, ob es wirklich die Qualität am Ball ist, es geht um das Treffen von richtigen Entscheidungen und darum, Situationen zu lösen. Da bin ich den Vorstellungen des Klubs in den letzten Jahren nähergekommen und habe mein Spiel verbessert. Es ist ein komplettes Gerüst aus den Fähigkeiten sowie der Umsetzung in den entscheidenden Momenten. Ich schaue nicht auf andere Torhüter, sondern versuche Lösungen für unser Team zu finden. Im Training kann man die Basis legen, aber über Spiele entwickelst du dich und wirst ruhig. Das ist mit einem anderen Druck verbunden. Jeder hat seine Stärken und Schwächen. Je weniger man die Schwächen sieht, desto mehr kommen die Stärken zum Vorschein."
... die Michael-Jordan-Doku "The Last Dance": "Es war unfassbar cool, dass er Sachen gesehen hat, die andere nicht sehen. Ich habe in jeder Folge einmal Gänsehaut bekommen. Manchmal hatte man das Gefühl, dass er einem aus dem Herzen spricht, wenn er über die Leidenschaft für den Sport spricht. Die ganz Großen waren einfach ein bisschen egoistisch, das gehört dazu."
... Vergleiche von Jordan und Messi: "Leo ist ein toller Fußballer, der in jedem Spiel den Unterschied machen kann. Er ist eine Legende des Sports. Solche Spieler kann man an einer Hand abzählen. Basketball ist da nochmal anders, weil beim Fußball das Team größer ist und man mehr von anderen abhängt. Es kommt also noch mehr auf den Teamcharakter an und es braucht von jedem 100 Prozent. Es braucht viele Persönlichkeiten, eine Achse und eine Hierarchie, auf die man sich in schwierigen Momenten verlassen kann.
Ter Stegen: Götze "würde auf jeden Fall in die spanische Liga passen"
... seine Anfänge in Barcelona: "Ich bin nicht so namenbehaftet und mit einem neutralen Mindset hergekommen. Ich wollte einfach mein Ding machen und meine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Es ist aber eine Gratwanderung, weil man in den wenigen Momenten, in denen man gefragt ist, da sein und den Unterschied machen muss."
... Unterschiede in der spanischen und deutschen Liga: "Man muss auch in die anderen Ligen schauen, jede hat seine Stärken: In der Premier League geht es hin und her und sie sind physisch stark, in Italien sind sie stark im Verteidigen, der Strukturierung und der Spielanlage. In Spanien ist es viel die Spielfertigkeit. Jeder hat die Fähigkeit, das Spiel in Gang zu setzen und viel Qualität im Fußballspiel an sich. Wenn man die Topligen sieht, ist die Bundesliga eine Mischung aus allem. Sie wollen verteidigen, sind aber nicht so gut wie die Italiener. Sie wollen angreifen und haben die Spiellust wie die Spanier, sind aber physisch deutlich stärker. Es gibt keine unfassbaren Schwächen, sondern eine gute Balance."
... eine mögliche Zukunft von Mario Götze in Spanien: "Mario ist ein Spieler, der mit dem Ball umgehen kann und das Spiel vorantreibt. Er würde auf jeden Fall in die spanische Liga passen. Ob es sein Ziel ist, den Fußball zu spielen - keine Ahnung. Wenn wir miteinander sprechen, sprechen wir nie über Fußball. Für mich ist es nur wichtig, dass er die richtige Entscheidung trifft und glücklich ist. Er würde zu sehr vielen Vereinen passen und kann bei vielen Vereinen den Unterschied machen."
Getty... eine Vertragsverlängerung über 2022 hinaus: "Wir haben Gespräche angefangen, dann kam das Corona-Thema dazwischen, das ist keine Situation, in der man über einen Vertrag sprechen muss. Es geht um Dinge, die viel wichtiger sind als Fußball. Dementsprechend haben wir beschlossen, das zu verschieben. Ich bin ja auch nicht im Sommer ohne Vertrag. Grundsätzlich fühle ich mich wohl, weil meine Familie glücklich ist. Man weiß ja nie, was in ein paar Jahren ist."
... über die Angst, dass sein Sohn Köln-Fan werden könnte: "Er wird von uns niemals ein Spiel vom FC zu sehen bekommen, er wird niemals einen Anhaltspunkt bekommen, dass dieses Wappen existiert. Falls es doch passieren sollte, müssen wir ein ernstes Wort reden. (lacht)"