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Neben der Musik gibt es im Leben von Campino noch eine andere große Leidenschaft: Fußball. Genauer gesagt: Fortuna Düsseldorf und den FC Liverpool. Im Interview mit DAZN und Goal spricht der Frontmann der Toten Hosen vor dem Champions-League-Rückspiel seiner Reds beim FC Bayern (Mi., 21 Uhr im LIVE-TICKER) über seine Liebesbeziehung zu Liverpool und seine Freundschaft zu Jürgen Klopp.
Welche Rolle spielt Fußball in Ihrem Leben?
Campino: Fußball hat bei mir immer eine Rolle gespielt. Ich bin mein Leben lang Fan. Im Endeffekt seitdem ich weiß, dass 22 Menschen um einen Ball kämpfen. Insofern ist es für mich schon wichtig.
Was haben Fußball und Punk gemeinsam?
Campino: Da gibt es jede Menge Parallelen, die ich in ein paar Minuten gar nicht alle erklären kann. Ein Punkt, ich weiß gar nicht, ob das was speziell mit Punkrock zu tun hat, sind die Emotionen. Wenn in wichtigen Spielen ein Tor fällt, ist das der ultimative Kick. Und um solche Sachen geht es bei uns auch immer bei Konzerten. Durchdrehen, Dampf ablassen. Das spielt alles eine Rolle. Fußball ohne Musik und Gesang wäre auf jeden Fall nicht so schön. Für mich hat es immer auch etwas mit der Stimmung zu tun, wenn ich ein Fußballspiel beobachte.
Sie sind Fan von Fortuna Düsseldorf und vom FC Liverpool. Kann man Fan von zwei Vereinen sein?
Campino: Absolut. Ich gehöre genauso nach Deutschland wie nach England. Meine Mutter ist Engländerin, mein Vater Deutscher. Und ich habe mit dieser Konstellation mit Liverpool und der Fortuna ja auch noch nie einen Gewissenskonflikt haben müssen. Insofern läuft es bestens. Seit ich acht Jahre alt bin, bin ich Liverpool-Fan - das kriegst du aus mir auch nicht mehr raus. Und die Fortuna ist meine Familie.
Getty ImagesWenn Sie sich entscheiden müssten?
Campino: Darüber will ich mir jetzt noch keine Gedanken machen. Realistisch wäre vielleicht ein Freundschaftsspiel und da gibt es ja dann auch kein wirkliches Problem. Was ich tun würde, wenn die beiden Vereine in einer richtigen Auseinandersetzung gegeneinander antreten, weiß ich nicht.
Wie oft sind Sie in England bei Spielen vor Ort?
Campino: Ich habe eine Dauerkarte. Immer wenn ich nicht kann, nehmen Freunde die Chance wahr, das Ticket verfällt also nicht. Ansonsten bin ich so oft ich kann drüben, auch auswärts.
Wie sehen Sie die Titelchancen von Liverpool?
Campino: Ich glaube, dass die Meisterschaft drin ist, aber ich will die Geschichte auch nicht erhöhen und noch mehr Druck erzeugen. Seit Jürgen da ist, ging es in den vergangenen Jahren konstant aufwärts. Ich glaube, dass die Geduld auch dann noch da ist und alle warten können, wenn es am Ende der Saison nicht der erste Platz sein sollte. Aber die Hoffnung ist natürlich immer da.
Würden Sie die Meisterschaft dem Triumph in der Champions League vorziehen?
Campino: In meinem Umfeld sind alle heiß auf den Titel in der Premier League. Aber ich nehme, was ich kriegen kann, das ist doch klar.
Jetzt kommt es zum großen Achtelfinal-Rückspiel bei den Bayern. Was ist drin?
Campino: Alles ist da drin. Im Hinspiel haben die Bayern ein gutes, strategisch sehr diszipliniertes Spiel abgeliefert, aber ein 0:0 ist ein ganz gefährliches Ergebnis. Das wissen die Bayern auch. Die Chancen stehen fifty-fifty. Da ist der Drops in keine Richtung gelutscht. Es wird ein total offener Kampf.
Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Jürgen Klopp beschreiben, wie haben Sie ihn kennengelernt?
Campino: Ich habe Jürgen natürlich schon zu seinen Mainzer Zeiten wahrgenommen. Später habe ich mitbekommen, wie in Dortmund damals "An Tagen wie diesen" abgefeiert wurde. Zu dieser Zeit hatten wir aber noch nicht so viel miteinander zu tun. Das kam erst über Liverpool. Dort sind wir uns begegnet und ich habe auch sein ganzes Umfeld kennengelernt. Seit mehreren Jahren ist es jetzt eine engere Freundschaft.
Wie erleben Sie es, wie er mit dem Druck umgeht, der auf ihm lastet?
Campino: Grundsätzlich ist der Druck in der Branche einfach hoch. Wenn du in Deutschland in der ersten Liga Spieler oder Trainer bist, dann bist du eine Person des öffentlichen Lebens und musst einiges aushalten. Da ist schon sehr, sehr heftig. Aber ich denke, dass es in England noch mal ein Level drüber ist, weil der Fokus weltweit gesehen noch größer ist. Da muss man auch privat einen hohen Preis bezahlen, wenn man überall erkannt wird und sich kaum noch unerkannt bewegen kann, das ist doch klar.
Sie sind als sehr politischer Mensch bekannt. Wie ist Ihr Blick auf den Fußball und wie er sich verändert hat?
Campino: Ich glaube, dass sich die Top-Vereine in Europa gar nicht so viel unterscheiden, was das Thema Kommerz angeht. Trotzdem hat man es als naiver Fan bei manchen Klubs einfacher, das zu vergessen, bei anderen fällt es ein bisschen schwerer. In Liverpool geht die Fußball-Romantik schon 50 Meter neben dem Stadion los, in den Fish-and-Chips-Buden und in den Pubs. Die Preisspirale bei den Eintrittskarten ist schon heftig, allerdings müssen wir auch daran denken, dass es verschiedene Ursprünge für diese ganze Entwicklung gibt. Dass es keine Stehplätze gibt, war ja erst mal keine Business-Entscheidung. Es war eine Reaktion auf die Probleme in den 70er und 80er Jahren, als es echt hart zuging und viele Kämpfe stattgefunden haben. Auch die Hillsborough-Tragödie hat dazu beigetragen, dass man irgendwann so die Nase voll hatte und sagte: Wir müssen grundsätzlich Fußball als Event zum Zuschauen verändern. Daraufhin kam der Sitzplatz-Zwang und natürlich sind dann auch die Preise hochgegangen. Aber den Ursprung dessen dürfen wir nicht vergessen. Uns ist es allen wohl lieber zu sitzen und weniger Stimmung zu haben, als so eine Aggression wie früher zu erleben.