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Dariusz Wosz im Interview: "Leon Goretzka sagt zu mir: 'Du Blinder, so einen Freistoß habe ich von dir gelernt!'"


EXKLUSIV

Dariusz Wosz ist eines der prägendsten Gesichter in der Geschichte des VfL Bochum und einer der besten deutschen Spielgestalter der 1990er und 2000er-Jahre. Im Interview spricht die einstige "Zaubermaus" über seine Kindheit in Polen und der DDR, seine größten Spiele beim VfL, der Hertha und den Nationalmannschaften, wieso er einst Paris Saint-Germain absagte - und welche Nationalspieler sich von ihm ein paar Freistoßtricks abgeschaut haben.

Das Interview mit Dariusz Wosz entstand im Rahmen des KultKicker-Projekts. Die KultKicker sind drei junge Journalisten, die die Fußballhelden ihrer Kindheit zum Quatschen und Kicken treffen. Sie sprechen mit ihnen über die goldene Zeit des Fußballs, über verrückte Anekdoten und Geschichten auf und neben dem Platz und über das, was die Spieler heute machen.

Sie wurden in Piekary Slaskie in Polen geboren. Wie sind Sie damals zum Fußball gekommen?

Dariusz Wosz: Piekary Slaskie war ein Dorf mit viel Landwirtschaft in der Nähe von Katowice. Wir hatten ein kleines Haus mit einem Garten und dahinter waren viele Felder. Wir haben auf einem Kartoffelacker gespielt oder auf einer Straße, mit Steinen als Torpfosten. Die mussten wir dann weglegen, wenn ein Auto kam. Schon damals musste ich mich gegen die Größeren durchsetzen.

Viele sagen ja, dass sie durch den Straßenfußball viel gelernt haben. Ist das nur eine romantische Vorstellung oder ist da was dran?

Wosz: Da ist schon was dran. Vor allem die einfachen Dinge habe ich dort gelernt. Ich hatte auch keine Fußballschuhe. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich an einem Sonntag mit meinem Vater in der Kirche war. Dabei war ich komplett weiß gekleidet. Danach musste er am Nachmittag in der sechsten Liga Fußball spielen. Ich habe mir dann einen Ball genommen und nebenan gekickt, auf dem grünen Rasen. Am Abend kamen wir nach Hause und haben beide Ärger bekommen von meiner Mutter, weil ich so dreckig war. (lacht) Es war der Anfang meines Hobbys, das ich immer aus Freude gemacht habe. Und dann wurde es mein Beruf.

Sie haben damals noch nicht im Verein gespielt, erst später in DDR. Dorthin sind Sie 1980 mit Ihrer Familie ausgewandert. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Wosz: In Polen durfte man damals erst ab zehn Jahren im Verein spielen, daher habe ich nur auf der Straße gepöhlt. Wir gingen zu meinem Onkel in die DDR, er hatte dort eine Privatgärtnerei und mein Vater war Gärtnermeister. Mit zehn Jahren bin ich dann zur BSG Motor Halle. Nach ein paar Jahren bin ich dann dem Halleschen FC aufgefallen und wechselte dorthin. Über die Fußballschule und das Internat wurde ich dann mit 17 Jahren Profi.

Wie war für Sie dieser Umzug aus der gewohnten Umgebung, weg von Freunden und Bekannten? Sie sprachen ja auch kein Deutsch.

Wosz: Sehr traurig war ich vor allem, weil ich meine Oma verlassen musste. Bei ihr war ich sehr oft, weil meine Eltern gearbeitet haben. Sie hat das beste Rührei gemacht! Bei meinen Freunden war es nicht so schlimm, dass ich sie verlassen musste. Meine Eltern haben sich so entschieden und ich war ja erst 9 Jahre alt. Ich konnte nicht sagen, dass ich einfach dort bleibe, bei meiner Großmutter. Wir haben uns in der DDR gut eingelebt. Meine Eltern haben nur gebetet, dass ich in die Schule gehe und glücklich zurückkomme. Sie hatten schon Angst, weil ich ja kein Deutsch sprechen konnte. Mir hat es in der Schule aber sehr gut gefallen. Mathe, Sport und Zeichnen waren meine Lieblingsfächer. In sprachlichen Fächern war ich eine Katastrophe. Aber auch durch den Fußball habe ich das alles hinbekommen.

In der Schule stachen Sie neben dem Fußball auch noch in einer anderen Sportart heraus...

Wosz: Es gab im Sportangebot der Schule noch Schwimmen und Schlittschuhlaufen. Schwimmen habe ich mir selbst beigebracht und mochte es nicht. Ich glaube, 90 Prozent aller Fußballer sind richtig schlechte Schwimmer. Dann habe ich mich für das Schlittschuhlaufen entschieden. Dort war ich offenbar talentiert, meine Größe hat gepasst und ich war sehr schnell unterwegs. Ich habe aber gleich gesagt, dass ich beim Halleschen FC im Stützpunkt bin. Dadurch wurde ich für sie uninteressant. Einzelsportarten waren in der DDR immer sehr beliebt, weil eine Einzel-Gold-Medaille mehr wert war. Ich blieb aber beim Fußball.

Es gibt ein altes Video von Ihnen mit Vokuhila, in dem Sie sagen, Sie wollen in Halle Fuß fassen. Im zweiten Jahr in Halle waren Sie dann voll im Kader integriert. Das erste Spiel war in Jena vor 15.000 Zuschauern. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?

Wosz: Ich kann mich sehr gut daran erinnern. Damals wurde ich eingewechselt. René Tretschock und Steffen Karl waren damals mit dabei. Zuerst spielte ich im linken Mittelfeld. Dann kam die U21-WM in Chile, bei der ich mit unter anderem Matthias Sammer, Rico Steinmann und Dirk Schuster zusammenspielte. Wir wurden Dritter. Nach diesem Turnier spielte René im Verein auf meiner Position und ich wurde als Zehner eingesetzt. Da hatte ich etwas Glück, das wurde später dann meine Lieblingsposition.

Es gibt das Gerücht, das Sie bei diesen Jugendturnieren im Ausland Angebote von Talentspähern aus dem Westen bekommen haben, die Ihnen dort eine große Karriere versprochen haben. Stimmt das?

Wosz: Das stimmt schon. In einem Flugzeug wurde ich angesprochen, ob ich Interesse daran hätte, im Westen zu spielen. Aber ich hätte niemals meine Eltern verlassen. Das kam für mich nie in Frage. Beim Verlassen des Landes mussten wir auch immer viele Formulare ausfüllen. Bei der ersten Reise nach Schweden durfte ich sogar nicht mit, weil es laut unserer Funktionäre zu gefährlich für mich war. Bei einem Spiel in Bielefeld musste ich auch einmal bei meinem Betreuer im Zimmer schlafen, aus "Sicherheitsgründen".

Sie waren sportlich sehr erfolgreich in der DDR, haben sieben Länderspiele bestritten - unter anderem auch das letzte in Belgien. Eduard Geyer war der Trainer, 33 Spieler wurden eingeladen, nur 14 sind am Ende gekommen. Haben Sie schon geahnt, dass es das letzte Spiel für dieses Land sein könnte?

Wosz: Ich habe mir nicht so große Gedanken darüber gemacht. Uns Fußballern ging es immer gut. Uns wurde immer gesagt, dass man nicht genau weiß, wie es weitergeht. Wir haben die Spiele immer so angenommen, als würde es weitergehen.

Nach dem Mauerfall gingen zahlreiche Spieler direkt in den Westen. Sie blieben zunächst in Halle, gingen dann aber im Winter 1991/92 zum VfL Bochum. Wie kam es dazu?

Wosz: Ich wollte früher wechseln und war im Jahr zuvor schon in Bochum. Mit Klaus Hilpert wurde ein Vorvertrag unterschrieben. Bochum wusste aber nur noch nicht, wie sie die rund 800.000 Mark Ablöse für mich bezahlen sollten. Das war die Zeit vor Heiko Bonan, Jörg Schwanke und Co. Ich wäre der erste aus dem Osten beim VfL gewesen. Dann brach der Kontakt plötzlich ab. Es kamen Angebote aus Monaco und Hamburg. Nach einer Zeit meldete sich Bochum dann wieder. Ich hatte darauf eigentlich keine Lust mehr, da sie mich so lange warten ließen. In Halle wollte ich dafür sorgen, dass dieser Vertrag in Bochum nicht mehr gültig ist. Monaco wollte zum Beispiel auch über fünf Millionen Mark für mich bezahlen. Das Geld hätte der Verein bekommen. Am Ende waren wir vor dem DFB-Gericht und Bochum musste 1,2 Millionen Mark für mich bezahlen. Schlussendlich war ich glücklich darüber und ging ins Ruhrgebiet.

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In Bochum waren Sie sofort Stammspieler und wurden schnell zum Publikumsliebling. 1996/97 erlebten Sie unter Klaus Toppmöller eine überragende Saison und der Verein wurde als Aufsteiger direkt Fünfter und qualifizierte sich für den Europapokal. Was hat diese Mannschaft ausgemacht?

Wosz: Zunächst hatte Klaus Toppmöller einen großen Anteil daran. Er hatte viele Spieler, fast einen halben Kader, neu geholt. Er hat uns zum Beispiel verboten, lange Bälle zu spielen. Wir sollten bis zur letzten Sekunde versuchen, von hinten heraus zu spielen. Und die Mannschaft harmonierte hervorragend.

Sie waren in dieser Zeit der herausragende Akteur des Teams. Was hat den Spieler Dariusz Wosz ausgezeichnet?

Wosz: So habe ich das nie gesehen, das war ein Geben und Nehmen der Mannschaft auf dem Platz. Meine Mitspieler haben mich teilweise auch geschützt, Jörg Schwanke zum Beispiel. Wenn ein Spieler mich angegriffen auf dem Feld hat, kam er und sagte: ‚Hau ab, sonst haue' ich dich um, wenn du den Kleinen nicht in Ruhe lässt.' Wir waren wirklich ein Team, eine Einheit. So etwas gibt es heute kaum noch.

Haben Sie auch abseits des Platzes viel miteinander unternommen?

Wosz: Wir hatten viel Spaß miteinander. Egal, ob im Trainingslager, am Abschlussabend oder einfach in der Kabine. Wir haben sogar Döner gegessen im Entspannungsbecken, wenn die Trainer nicht mehr da waren - oder eine Pizza bestellt. Der Spaß war uns schon wichtig, weil das Leben schon ernst genug ist. Ich hatte auch einen Trainer, der meinte, ich müsse mich am Montag schon auf das Spiel am Sonntag konzentrieren. Das konnte ich nie verstehen.

Es gab in dieser Saison ein weiteres Highlight für Sie - Sie wurden Nationalspieler für die Bundesrepublik. Sie erzielten auch direkt den Siegtreffer in Israel unter Berti Vogts mit Mitspielern wie Kahn, Basler oder Kohler. Wie war es als Bochumer unter diesen Stars?

Wosz: Zunächst muss ich sagen, dass das ja meine achte Einladung war, bei der ich zum ersten Einsatz kam. Bei den ersten Einladungen war ich immer sehr aufgeregt - Namen wie Klinsmann, Matthäus, Häßler. Icke Häßler war schon immer mein Vorbild. Bei meiner ersten Nominierung musste ich nach Frankfurt. Ich war über eine Stunde im Hotelzimmer und wusste danach vor Aufregung nicht mehr, wo ich denn jetzt genau hin muss. Ich kannte meine Mitspieler ja nur aus den Spielen. Aber ein großes Kompliment an Oliver Kahn. Er hat mich super aufgenommen, das hätte ich nie gedacht. Zunächst dachte ich ja, der ist privat genauso verbissen wie im Spiel. (lacht) Aber das war nicht so.

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Das kann man sich wirklich schwer vorstellen ...

Wosz: Teilweise habe ich auch im Zimmer ein Hefeweizen mit ihm getrunken. Bei anderen Mitspielern war er auch anders, vielleicht gingen die ihm auf den Keks. Oder sie haben eben kein Hefeweizen getrunken. (lacht)

In der Saison danach hat der VfL unter anderem gegen Ajax Amsterdam international gespielt. Was war das für ein Gefühl in diesen großen Europapokal-Nächten?

Wosz: Wir haben jedes Spiel so genommen, als wäre es das letzte. Die Zuschauer im Ruhrstadion haben uns gepusht, das kann man sich gar nicht vorstellen. Das hat man auf dem Platz gespürt. Das war pure Euphorie. In der Liga waren wir dafür nicht so gut, aber in diesen Nächten waren wir unglaublich motiviert.

1998 wurde das Kapitel in Bochum dann vorläufig beendet und es ging für Sie nach Berlin. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Wosz: Es gab im Winter schon ein Angebot aus Valencia. Ich kam aus dem Ski-Urlaub und traf mich dann mit dem Präsidenten der Spanier in Düsseldorf. Wir haben uns aber schon über Flüge in die Heimat gestritten, darauf hatte ich wirklich keine Lust und ich brach die Gespräche ab. Im Sommer hatte Paris St.-Germain Interesse an mir. Ich habe mir das Angebot aus Frankreich nicht einmal angeschaut. Paris interessierte mich nicht. Wenig später kam dann das Angebot der Hertha, die ein neues Team aufbauen wollte. Das konnte ich mir sehr gut vorstellen und wechselte dann nach Berlin.

Der sportliche Erfolg für Sie hielt dadurch weiterhin an. Sie wurden im ersten Jahr Dritter und kamen in die Champions League, mit Mitspielern wie Kiraly, Dardai oder Preetz. Hat das auf Anhieb gepasst?

Wosz: Jürgen Röber hat mir von Anfang an das gleiche gegeben wie Klaus Toppmöller: ‚Du spielst hinter den Spitzen, mach' was du willst.' Das hat dann richtig geil gepasst. Das war ein so tolles Team mit Deisler, Thom oder Ali Daei. Wir haben ständig gewonnen und unter Dusche gesungen ‚Keiner weiß warum'. Einmal im Monat haben wir uns auch getroffen und sind in die Diskos in Berlin. Das war wirklich überragend damals.

Im Folgejahr haben Sie in der Champions League unter anderem gegen Barcelona mit Figo, Rivaldo und Co. gespielt. Was für ein Erlebnis war das?

Wosz: Ich kann mich noch sehr gut an das 1:0 gegen den AC Milan erinnern. Nach einer Verlängerung von Michael Preetz laufe ich allein auf den Torwart zu und mache das Ding. Es gab damals ja noch zwei Gruppenphasen und wir kamen sensationell weiter gegen Chelsea, Galatasaray und Milan. In der zweiten Gruppe waren dann Prag, Barcelona und Porto die Gegner. Da wurden wir dann leider nur Dritter. Aber das war einfach überwältigend, das Olympiastadion war immer ausverkauft.

Wie kam es dann zum Ende in Berlin?

Wosz: Im dritten Jahr sollte Sebastian Deisler hinter den Spitzen spielen und ich musste damit auf die Bank. Gleichzeitig wurde kurz darauf Marcelinho verpflichtet. Der Verein wollte mich trotzdem halten und den Vertrag sogar verlängern. Dann kam ein Angebot von Schalke, Rudi Assauers damalige Lebensgefährtin (Schauspielerin Simone Thomalla, die Red.) wohnte nur ein paar Häuser weiter in Berlin. Wir waren uns einig, aber die Vereine nicht in puncto Ablösesumme. Ich sagte den Verantwortlichen in Berlin, dass ich weiter Fußball spielen wollte. Daher entschied ich mich nach dem Angebot für die Rückkehr nach Bochum.

Bochum war damals nur in der Zweiten Liga. Es ging dann aber sofort nach oben mit Paul Freier, Delron Buckley oder Rein van Duijnhoven. Auch wieder eine tolle Truppe, oder?

Wosz: Nicht ganz. Erst Peter Neururer hat diese Mannschaft in die Spur gekriegt. Es waren viele junge Spieler, die auch ein bisschen neidisch auf mich waren. Ich kam schließlich gerade von einem Top-Klub der damaligen Zeit. Gerade Delron Buckley und mir wurde immer nachgesagt, dass wir Probleme miteinander hätten. Peter Neururer hat uns alle wieder vereint. In Aachen sind wir dann am letzten Spieltag aufgestiegen - für mich der geilste Aufstieg meiner Karriere. Ich weiß gar nicht mehr, wie ich danach nach Hause kam. Vor lauter Freude bin ich zum Beispiel sogar in den falschen Bus eingestiegen!

Mit Peter Neururer ging es sehr schnell wieder sportlich nach oben - sogar in den UEFA-Cup. Wie wichtig war er?

Wosz: Viele kannten ihn am Anfang gar nicht. Ich hatte ihn schon einmal in Saarbrücken getroffen. Daher kam er zu mir und machte mich zum Kapitän. Es ging von Anfang an ein richtiger Schub durch die Mannschaft. Es gab ein Gerüst aus fünf Spielern und ich habe einfach das volle Vertrauen von ihm gespürt, auch wenn es mal schlecht lief.

Nach einigen weiteren Jahren in Bochum neigte Ihre Karriere sich dann 2007 dem Ende entgegen. In Ihrer letzten Saison wurden Sie nur am 34. Spieltag eingesetzt und erzielten ein Tor. Was waren das für Emotionen?

Wosz: Ich war in dieser Saison nur zwei Mal überhaupt auf der Bank. Marcel Koller hat nicht mehr auf mich gesetzt, aber der Trainer entscheidet nun mal. Nur habe ich in 20 Jahren fast immer gespielt in meiner Karriere, daher war es nicht so einfach für mich, das zu akzeptieren. In dieser Zeit war ich auch wirklich angefressen. Beim letzten Spiel wurde ich dann eingewechselt und mache das Tor. Ich hätte aber lieber zehn Spiele mehr gemacht, als dieses Tor.

Danach ließen Sie ihre Karriere bei Union Bergen ausklingen. Wie kam es dazu und macht Ihnen das Spielen mit Amateuren nach vielen Jahren Profifußball noch Spaß?

Wosz: Ein Freund fragte mich, ob ich es mir vorstellen könnte, in der siebten Liga zu spielen. Ich meinte dann, dass ich es mir mal anschaue, aber nicht zum Training kommen werde. Als ich dann tatsächlich kam, dachten alle, das wäre ein Aprilscherz. Bis heute spiele ich aber dort und es macht mir Spaß. Ich spiele aber auch noch bei Benefiz-Spielen mit. Vor zehn Jahren habe ich zum Beispiel mit Horst Eckel noch auf dem Platz gestanden, dem letzten Weltmeister von 1954. Das war schon toll.

Sie können auf eine lange und ereignisreiche Karriere zurückblicken mit zahlreichen Mitspielern. Wenn Sie nun eine letzte Elf aus Ihrer aktiven Spielzeit nominieren müssten, wer wäre mit dabei?

Wosz: Das ist gar nicht so einfach. Im Tor wäre Oliver Kahn. Er war der weltbeste Torwart meiner Generation. Linksverteidiger wäre Thomas Reis, mit ihm durfte ich in Bochum ein Zimmer teilen. In der Mitte würde ich mich für Tomasz Wałdoch, einem harten, aber immer fairen Spieler, und Jo Simunic entscheiden. Mit den beiden im Zentrum würde man nie Probleme bekommen. Der letzte in der Viererkette wäre Thomas Stickroth. Er war ein kleiner Brasilianer, dank seiner Übersteiger. (lacht)

Eine sehr interessante Mischung in der Verteidigung ...

Wosz: Im Mittelfeld wäre Sebastian Deisler gesetzt - ein toller Mensch. Ich hoffe, dass man sich irgendwann wiedersieht. Daneben Jörg Schwanke, weil er mich immer beschützt hat und mir speziell in meiner Anfangszeit in Bochum sehr geholfen hat. René Tretschock würde ich im linken Mittelfeld aufstellen. Mit ihm habe ich in Halle das Fußballspielen erlernt und er ist über die Jahre ein guter Freund geworden. Auf der rechten Seite entscheide ich mich für Paul Freier. Er hatte ein unglaubliches Durchsetzungsvermögen.

Dann bleiben noch zwei Angreifer offen.

Wosz: Genau! Da setze ich auf die Chaoten, mit denen ich mir in Berlin bei der Nationalmannschaft der DDR ein Zimmer teilen durfte - Thomas Doll und Andreas Thom. Dolli war dabei der verrücktere, der immer raus wollte. Da ging auch mal um zwölf Uhr nachts das Licht an, beide waren schon angezogen und wollten losziehen. Nur ich wollte nicht mit, da am nächsten Tag Abflug war. Sie waren aber auch super Fußballer und haben sehr viele Tore geschossen.

Sie waren nach Ihrer Profikarriere auch als Trainer aktiv, unter anderem lange in der U19. Was hat Sie speziell an dieser Aufgabe gereizt?

Wosz: Es war einfach der Aspekt, dass ich den jungen Spielern noch Dinge mitgeben wollte. Meine eigene Ausbildung im Osten war sehr gut in den drei Bereichen Kondition, Technik und Taktik und extrem wichtig für meine Karriere. Ich wollte den Jungs die einfachen Dinge vermitteln, zum Beispiel wie ich den Ball hinlege bei einem Freistoß. Dass man ihn eben nicht einfach hinwirft und dann schießt, sondern ihn bewusst hinlegt und einen Punkt fixiert. Ich hatte Spieler dabei wie Ilkay Gündogan, Leon Goretzka, Lukas Klostermann oder Kevin Vogt, die heute in der ersten Liga aktiv sind.

Haben Sie mit diesen Spielern heute noch Kontakt?

Wosz: Mit Ilkay und Leon habe ich bis heute guten Kontakt. Das freut mich sehr, dass der nicht abgerissen ist. Das ist nicht selbstverständlich. Was die zum Teil schon erreicht haben, davon habe ich immer geträumt. Dass Leon dann bei einem Kaffee in Bochum zu mir sagt: ‚Du Blinder, so einen Freistoß habe ich von dir gelernt!' - das ist einfach toll.

Sie sind jetzt Markenbotschafter beim VfL Bochum. Wie kam es dazu?

Wosz: Davor war das ja Ata Lameck, der in seiner Generation sehr erfolgreich war mit über 500 Bundesliga-Spielen. Der Verein brauchte allerdings auch jemand jüngeres. (lacht) Bei Presseterminen, bei Benefiz-Spielen - man verbindet mich immer mit dem VfL Bochum. Daher bin ich in dieser Funktion gerne weiter für diesen Verein tätig.

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