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Maximilian Mittelstädt ist fest mit Berlin verbunden. Bereits in seiner Kindheit hat der 22-Jährige davon geträumt, eines Tages für Hertha BSC im Olympiastadion aufzulaufen. Nach langem Warten landete der deutsche U21-Nationalspieler schließlich in der Bundesliga - und hat inzwischen Marvin Plattenhardt verdrängt.
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Im Interview mit Goal und SPOX spricht Mittelstädt über den steinigen Weg in den Profifußball, seinen Durchbruch in dieser Saison und die aktuelle Situation bei Hertha BSC.
Herr Mittelstädt, es gibt ein Foto von Ihnen, auf dem Sie sich als kleiner Junge ein Autogramm von Michael Preetz geben lassen. Hätten Sie sich damals vorstellen können, dass Sie eines Tages selbst Profi bei der Hertha sein würden?
Maximilian Mittelstädt: Als kleiner Junge habe ich davon geträumt, Fußballer zu werden. Daher habe ich vieles auf mich genommen, habe auf vieles verzichtet. Aber natürlich wusste ich nicht, dass es irgendwann auch so kommen würde. Nun bin ich selbst in der Situation, Kindern Autogramme geben zu dürfen. Das habe ich mir immer gewünscht. Von daher ist es schön, dass der Traum in Erfüllung gegangen ist.
Sie standen in Ihrer Kindheit regelmäßig in der Hertha-Kurve. Erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Stadionerlebnis?
Mittelstädt: Genau weiß ich das nicht mehr, aber als kleiner Junge war ich so oft wie möglich im Olympiastadion. Ich kann mich noch besonders gut an ein Spiel erinnern, das Hertha 4:2 gegen Schalke gewonnen hat – da gibt es sogar ein Foto von mir, wo ich auf der Leinwand zu sehen bin. Sowas bleibt im Kopf hängen. Deshalb ist es für mich noch immer etwas ganz Besonderes, im Olympiastadion spielen zu dürfen.
In einem Interview sagten Sie mal, früher Gabor Kiraly bewundert zu haben. Was faszinierte Sie an ihm?
Mittelstädt: Kiraly stand immer mit seiner Schlabberhose bei Hertha im Tor. Ich war früher selbst Torwart, daher habe ich mir auch so eine Hose gekauft und versucht, ihm nachzueifern – bis ich gemerkt habe, dass das Tor doch nicht das Wahre für mich ist.
Wer hat Sie aufs Feld beordert?
Mittelstädt: Ich habe damals zwischen Tor und Feld gependelt und musste mich irgendwann entscheiden. Mein damaliger Jugendtrainer meinte, meine Qualitäten seien im Tor verschenkt.
Im Nachhinein nicht die schlechteste Entscheidung.
Mittelstädt: (lacht) Genau. Er hat mich über eine lange Zeit trainiert, auch bei Hertha Zehlendorf. Wir sind noch heute eng befreundet.
Gab es darüber hinaus in Ihrem Leben andere Personen, die Sie besonders geprägt haben?
Mittelstädt: Ich hatte allgemein großes Glück mit meinen Jugendtrainern und mit meinem Werdegang. Ich war lange Zeit beim SC Staaken, dort ging es sehr familiär zu. Das hatte noch nichts mit Leistungsfußball zu tun. Man konnte sich in Ruhe als Mensch und als Fußballer entwickeln.
Getty ImagesWar es rückblickend genau richtig, erst im Alter von 15 Jahren zu Hertha BSC zu wechseln?
Mittelstädt: Viele Spieler haben den Schritt zu einem Bundesligisten früher gewagt und sind dadurch vielleicht verheizt worden. Sich in jungen Jahren nur auf Fußball zu konzentrieren, ist meiner Meinung nach nicht gut. Als Kind beziehungsweise Jugendlicher muss man sich erst mal auch in seiner Persönlichkeit entwickeln. In diesem Alter ist es das Wichtigste, Spaß am Fußball zu haben, da sollte nicht der Erfolg an erster Stelle stehen.
War Geduld also ein entscheidender Faktor für Ihren Erfolg?
Mittelstädt: Ich musste geduldig sein. Auch als Profi hat es gedauert, bis ich meinen ersten Einsatz bekommen habe. Am Ende zahlt es sich aber aus, wenn man immer weiter Gas gibt und an seine eigenen Stärken glaubt.
Gab es dennoch Momente, in denen Sie gezweifelt haben?
Mittelstädt: Natürlich gab es auch Rückschläge. Das waren Situationen, in denen ich mich gefragt habe, wie ich da wieder rauskommen soll. Wichtig war, dass ich in diesen Phasen eine starke Familie im Rücken hatte, die immer für mich da war, die mich aufgefangen hat, wenn es mal nicht lief. Mir wurde immer Mut zugesprochen, deswegen konnte ich gut mit Negativerlebnissen umgehen.
Sie kamen in einem Alter zu Hertha BSC, in dem sich das Leben von Jugendlichen oft schlagartig verändert. Wie normal konnten Sie im Vergleich zu Ihren Freunden leben?
Mittelstädt: Ich musste zwar auf Vieles verzichten, bin aber sowieso ein Mensch, der gerne im Kreis seiner Familie ist und selten feiern geht. Von daher fiel es mir wahrscheinlich leichter als anderen, auf gewisse Dinge zu verzichten. Trotzdem war ich auch auf Geburtstagen, bei denen alle bis drei Uhr in der Nacht gefeiert haben und am Tag danach ausschlafen konnten, während ich am nächsten Morgen schon wieder auf dem Trainingsplatz stand. Ich war schon immer sehr diszipliniert.
Pal Dardai ist seit Februar 2015 Trainer von Hertha BSC, wird seinen Posten im Sommer aber räumen. Was haben Sie auf sportlicher und persönlicher Ebene von ihm lernen können?
Mittelstädt: Pal ist Herthaner durch und durch. Er ist ein Trainer, der den Verein lebt und uns das mit auf den Weg gibt. Ich habe von ihm gelernt, dass man nie aufgeben und immer 100 Prozent geben sollte. Und ihm habe ich zu verdanken, dass ich hier meinen Weg gehen konnte. Unter ihm habe ich mein Profidebüt gegeben, mich stetig weiterentwickelt. Und dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Was zeichnet ihn aus?
Mittelstädt: Er will immer gewinnen, das steht für ihn an erster Stelle und das überträgt er auf die Mannschaft. Auch in schwierigen Situationen vermittelt er einem das Gefühl, dass es wieder bergauf geht und jeder an den Sieg glauben muss.
In einer solchen Situation stecken Sie derzeit, aus den letzten sechs Spielen konnten Sie nur einen Punkt holen. Wie bewerten Sie die bisherige Saison in Summe?
Mittelstädt: Wir sind sehr gut in die Saison gestartet, haben einige Spiele überraschend gewonnen, aber auch ein paar Punkte liegen gelassen, die man nicht hätte hergeben müssen. Jetzt stecken wir in einer Phase, in der es nicht läuft, aber das ist im Fußball normal. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die noch entwicklungsfähig ist. Trotzdem müssen wir jetzt wieder mehr zusammenwachsen, um noch ein paar Punkte zu holen. Wir haben vor allem in der Hinrunde gezeigt, dass eine enorme Qualität in der Mannschaft steckt. Und wenn wir es schaffen, sie wieder auf den Platz zu bringen, dann ist es auch schwer, uns zu schlagen.
Mit Ihnen spielen aktuell vier Herthaner für die deutsche U21. Kein Verein stellt mehr Akteure im Kader des DFB. Was sagt das aus?
Mittelstädt: Es gibt nicht nur Jordan Torunarigha, Arne Maier, Lukas Klünter und mich, sondern es kommt auch noch einiges nach. Unter Pal Dardai setzen wir in den letzten Jahren noch stärker auf junge Spieler aus der eigenen Jugend. Das ist die Philosophie des Vereins und zeigt, dass wir eine sehr gute Jugendarbeit haben.
Sie sind fest mit Berlin verbunden. Wie stehen die Chancen auf eine Verlängerung über 2020 hinaus?
Mittelstädt: Die Chancen stehen nicht schlecht, ich fühle mich hier wohl und kann mir natürlich vorstellen, zu bleiben. Wie es am Ende aussehen wird, kann man im Fußball aber nie sagen.
Sie haben bislang 48 Bundesligaspiele absolviert. Wer war dabei Ihr härtester Gegenspieler?
Mittelstädt: Ousmane Dembele. Ich kann mich an Spiele erinnern, in denen es sehr schwierig war, gegen ihn zu verteidigen, sei es bei der U18-Nationalmannschaft oder gegen Borussia Dortmund. Er ist ein unberechenbarer Spieler mit enorm viel Tempo, der auch beidfüßig und daher schwer auszurechnen ist.
Und wer war der beste Spieler, mit dem Sie bislang zusammengespielt haben?
Mittelstädt: (überlegt lange) Rein fußballerisch würde ich Ondrej Duda nennen. Er spielt auf einem Level, das ich bisher selten gesehen habe. Aber auch Marko Grujic beeindruckt mich. Er ist im Zentrum sehr präsent und insgesamt ein überragender Spieler.