HINTERGRUND
Bereits mit 17 Jahren schwebte der 1,69 Meter kleine Schotte förmlich durch die robusten Abwehrketten in der Premiership und bestach dabei vor allem durch Eleganz, Spielintelligenz und einen vortrefflichen linken Fuß. Klar, dass auf der Insel bei diesen Attributen umgehend ambitionierte Parallelen aufkamen: "Baby-Messi" nannten sie Ryan Gauld damals schon. Eine zu große Bürde?
"Es hat mich nicht gestört", sagte der mittlerweile 25-Jährige zuletzt dem Guardian, ergänzte jedoch: "Es geht viel mehr darum, was man dann in den sozialen Medien sieht: 'Dieser Typ sollte Mini-Messi sein, schaut ihn jetzt mal an.' Dieser ganze Unsinn. Der Name an sich hat mich nicht gestört, aber als die Leute damit konfrontiert wurden, beurteilten sie mich etwas schneller und erwarteten mehr."
Ryan Gauld einst im Fokus von Liverpool, Real Madrid und Co.
Dabei hatten seine Landsleute guten Grund zur Euphorie. In der Saison 2013/14 wusste der junge Offensivallrounder bei den Profis von Dundee United mit beachtlichen Leistungen zu überzeugen und kam letztlich auf 19 Torbeteiligungen (acht Tore, elf Assists) in 39 Pflichtspielen - im zarten Alter von 18 Jahren.
Gaulds Veranlagungen brachten ihm umgehend europaweites Interesse ein. Neben den beiden schottischen Spitzenklubs Celtic und Glasgow Rangers erkundigten sich auch der FC Liverpool, Manchester United und Real Madrid nach ihm. Gauld lehnte jedoch alles ab, wollte sich stattdessen abseits des Hypes und ohne ständige Aufmerksamkeit weiterentwickeln. Im Sommer 2014 unterschrieb er bei Sporting.
Nächstes Spiel

In der neuen Wahlheimat Lissabon lief fortan jedoch wenig nach Plan. Aufgrund des spürbar höheren Niveaus sowie der namhaften Konkurrenz blieb Gauld zunächst außen vor und sollte sich in der B-Mannschaft beweisen. Dort gelangen ihm in über 70 Partien jedoch nur acht Tore - deutlich zu wenig für seine Ansprüche. Bei den Profis durfte er zwar mittrainieren, zu Einsätzen reichte es aber meist nicht. Und so ging Zeit ins Land.
Zwar gewöhnte Gauld sich zunehmend an den Spielstil und das höhere Tempo in Portugal, doch andere Nachwuchsspieler bekamen stets den Vorzug und auch diverse Leihgeschäfte brachten nicht den erwünschten Effekt. "Dann wurde ich zurück in das B-Team geworfen und dachte allmählich: 'Das wird hier womöglich nicht funktionieren,'" blickte der Schotte zurück.
Nach fünf zähen Vertragsjahren war im Sommer 2019 dann Schluss. Gauld hätte problemlos wieder in die schottische Beletage zurückkehren können, doch er entschied sich für einen Verbleib in Portugal und wechselte zum damaligen Zweitligisten Farense, wo er zuvor bereits per Leihe tätig war.
Nach enttäuschender Zeit in Lissabon: Ryan Gauld startet bei Farense durch
Trotz anfänglicher Verletzungsprobleme etablierte sich der edle Techniker prompt in der Startelf. Dort besticht er seither nicht nur durch seinen schnellen Antritt, Passgenauigkeit und Abschlussstärke - sondern mittlerweile auch durch enorme Verbesserungen im Pressingverhalten.
"In meiner Zeit als Scout und Trainer habe ich viele gute Spieler gesehen: Eric Dier, Marcos Rojo, Bruma. Aber Ryan Gauld hat noch mehr Potential. Er hat das Talent und ist auch mental wahnsinnig stark", schwärmte der damalige Farense-Coach Sergio Vieira.

In seiner Debütsaison erzielte Gauld neun Tore in 21 Spielen, ehe die Saison aufgrund der Corona-Pandemie vorzeitig beendet wurde. Da Farense zum damaligen Zeitpunkt auf Platz zwei rangierte, stieg der Klub auf. Seither stand Gauld in 22 von 23 Erstligaspielen in der Startformation, führte sein Team mehrmals als Kapitän aufs Feld und steuerte bislang elf Scorerpunkte bei (sieben Tore, vier Assists).
Endlich, möchte man meinen, fasst das einstige Wunderkind nun Fuß im Profibereich. Mit 25 Jahren ist er zwar schon lang kein "Baby-Messi" mehr, aber womöglich spielt es sich ohnehin deutlich entspannter, wenn diese Bürde nicht mehr auf dem kleinen Wirbler lastet.