MIXED-ZONE-INTERVIEW
Zum vierten Mal in Folge bleibt der FC Bayern München in der Bundesliga vor heimischer Kulisse sieglos, kassiert abermals in der Schlussminute den Ausgleichstreffer. Und das, obwohl der Rekordmeister und Dauerdominator der vergangenen Jahre gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf eigentlich komfortabel in Führung liegt.
Im Anschluss an die neuerliche Blamage der Münchner trat ein sichtlich bedienter Uli Hoeneß vor die anwesenden Reporter in der Mixed-Zone. Der ratlose Präsident ließ bei seinem Statement eine bedingungslose Rückendeckung für Trainer Niko Kovac vermissen, ging hart mit den Spielern ins Gericht und prophezeite, dass sich die Verantwortlichen schon bald zusammensetzen, um die prekäre Situation gründlich zu analysieren. Außerdem verriet er, dass seine Familie sich auf ein ungemütliches Restwochenende einstellen könne.
Herr Hoeneß, Sie waren sehr lange in der Kabine. Wie haben Sie die Spieler vorgefunden?
Uli Hoeneß: Heute ist ein schwerer Tag für uns. Mit diesem Ergebnis können wir natürlich überhaupt nicht zufrieden sein. Deshalb gibt es sicherlich intern Gesprächsbedarf.
Haben Sie in der Kabine auch mit Niko Kovac gesprochen?
Hoeneß: Wir werden keine Interna an die Öffentlichkeit tragen. Tatsache ist, dass wir eine schwierige Ausgangssituation für die restliche Saison haben. Wir müssen uns am Wochenende alle miteinander Gedanken machen, wie wir aus dieser Situation das Beste herausholen können.
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Heißt das, dass der Trainer zur Debatte steht?
Hoeneß: Das ist im Moment überhaupt kein Thema, weil wir uns vorgenommen haben, in aller Ruhe darüber zu schlafen. Wir haben am Dienstag ein schweres Spiel vor uns und danach müssen wir analysieren, wo wir eigentlich stehen. Es ist jetzt wichtig, dass wir Ruhe bewahren, obwohl das sehr schwerfällt, das gebe ich zu. Wir müssen jetzt zusehen, dass wir am Dienstag die Qualifikation fürs Champions-League-Achtelfinale schaffen und danach werden wir uns zusammensetzen und beraten, wie es weitergehen soll. Denn das, was heute passiert ist, ist nicht akzeptabel.
Wie eine richtige Rückendeckung für den Trainer hört sich das nicht an.
Hoeneß: Das kann man so nicht sagen. Wir spielen am Dienstag gegen Benfica und da wird unser Trainer sicherlich Niko Kovac sein.
Steht die Mannschaft noch hinter dem Trainer?
Hoeneß: Wir waren nicht in der Kabine, um die Mannschaft zum Trainer zu befragen. Aber wir werden die nächsten Tage nutzen, um herauszufinden, warum wir so einen schlechten, uninspirierten Fußball spielen. Das ist das, was uns im Moment umtreibt.
Sollten einige Führungsspieler sich gegen den Trainer aussprechen, würde sich das auf Ihre Entscheidung auswirken?
Hoeneß: Wir sind in der Führungsetage Manns genug, solche Entscheidungen selber zu treffen. Aber selbstverständlich wird man auch die Meinung der Spieler anhören.
Getty ImagesWas muss denn konkret passieren, damit man sagt: 'Jetzt reicht es'?
Hoeneß: Das werde ich sicherlich nicht am Samstagabend nach so einem schlechten Spiel mit der Presse besprechen. Ich muss selbst auch in mich gehen. Ich war völlig down, als das Tor gefallen ist. Ich habe gedacht, die Welt geht unter. Von diesem Schock muss ich mich erstmal erholen. Dann fällt mir vielleicht am Montag etwas ein.
Haben Sie das Jahr des Umbruchs im Vorfeld der Saison unterschätzt?
Hoeneß: In den ersten sechs Wochen haben wir gedacht, dass wir alles richtig gemacht haben. In den letzten sechs Wochen ist das ins Gegenteil umgeschlagen. Wahrscheinlich müssen wir die goldene Mitte finden und uns fragen, was am Anfang so gut war und warum es jetzt so schlecht ist. Eines ist klar: Es kann immer mal ein Spiel schlecht sein, aber diese Reihe an schwachen Leistungen müssen analysiert werden.
Niko Kovac ist noch sehr jung. Scheitert er an der großen Aufgabe, diesen Umbruch zu gestalten?
Hoeneß: Das kann ich im Moment nicht sagen. Wir müssen beim FC Bayern jetzt alles hinterfragen. Wir sagen hier nicht: 'Das wird schon werden'. Die nächsten Tage und Wochen müssen wir dazu nutzen, um die richtige Lösung zu finden.
Das war das vierte Bundesliga-Heimspiel in Serie, das der FC Bayern nicht gewonnen hat, dreimal gab es einen Gegentreffer kurz vor Schluss. Wie ist es zu erklären, dass die Mannschaft eine Führung nicht über die Zeit bringen kann?
Hoeneß: Wir haben alle das Gefühl, dass die Mannschaft total verunsichert ist. Wenn man zweimal gegen Fortuna Düsseldorf führt, dann muss man den Sieg locker nach Hause fahren kann. Das ist aber im Moment nicht der Fall. Man hat auf der Tribüne das Gefühl, dass man bei jedem Angriff Gefahr läuft, ein Gegentor zu bekommen. Es gibt natürlich auch den einen oder anderen Spieler, der mal über sich nachdenken muss. Heute sind wieder dilettantische Fehler passiert. Wenn ich an das erste Gegentor denke, sowas habe ich bislang nur in Slapstickfilmen gesehen.
Der Rückstand auf Dortmund beträgt jetzt neun Punkte. Hat sich der FC Bayern von der Meisterschaft verabschiedet?
Hoeneß: Das habe ich noch nicht. Aber über die deutsche Meisterschaft zu reden, wäre überheblich. Die Dortmunder haben gerade das Glück, das wir nicht haben und schießen in Mainz kurz vor Schluss das 2:1 und wir bekommen in der letzten Minute noch das Gegentor. Man muss sich fragen, warum fast jeder Gegenangriff ein Tor bedeutet. Bitte schauen Sie sich die Gegentore von heute genauer an und gehen Sie mit dem einen oder anderen Spieler härter ins Gericht. Das war hanebüchen, was da passiert ist.
Wie verbringt Uli Hoeneß seinen Abend, nach dieser Enttäuschung?
Hoeneß: Das wird ein schwieriger Abend für meine Frau. Heute sind wir alleine zuhause, morgen kommt meine Tochter mit den Enkeln. Die werden es auch nicht so leicht haben mit mir. Das war so nicht vorgesehen, als wir das Wochenende geplant haben.